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Kaluga

Moskau kennt jeder. Aber Kaluga? Einfach am Kiewer Bahnhof in Moskau in die Elektritschka steigen, gut drei Stunden später und ca. 180 km weiter, kommt man nach einer Fahrt vorbei an Vorstädten, Wäldern, Siedlungen, Sumpfgebieten und Haltestellen wie ‚Ostankino’ oder Obninsk, wo das erste kommerzielle Atomkraftwerk der Sowjetunion von 1954 heute abgeschaltet steht, in der Provinz an.

Reger Betrieb herrscht um das imposant wirkende Bahnhofsgebäude, das sein ursprüngliches Aussehen von 1898 bewahrt hat. Die ehemalige Grenzfestung des Moskauer Reichs an der Oka ist heute eine Boomregion südwestlich von Moskau. Ausländische Investoren schätzen die Region, zahlreiche Industrieprojekte und Technoparks entstehen. Auch VW produziert seit 2007 vor Ort. Volvo, Continental, Samsung, Mitsubishi und andere Unternehmen sind hier aktiv, sie schätzen offenbar die zentrale geografische Lage, die Infrastruktur, das günstige Investitionsklima und die guten Erfahrungen bislang.

Kaluga gilt als ‚Wiege der russischen Raumfahrt’. Konstantin Eduardovitsch Ziolkowski (1857 – 1935), der Begründer der modernen Kosmonautik , lebte und forschte hier. Sein Wohnhaus ist heute ein Museum, der Ziolkowski-Park mit den vielen alten Lindenbäumen ist bei den Einwohnern ein beliebter Freizeitort und gleich nebenan befindet sich das sehr sehenswerte Staatliche Museum der Geschichte der Kosmonautik zu Ehren Ziolkowskis, für das Jurij Gagarin 1967 mit den Grundstein legte. Der Außenbereich des Museums mit den ausgestellten Raketen und Kampfjets wird von Kindern gern als Spielplatz genutzt.

Neben dem aufstrebenden Automotive-Bereich im Kaluger Gebiet scheint auch die orthodoxe Frömmigkeit und Spiritualität wieder zu erblühen; das 1987 wieder eröffnete berühmte Kloster Optina-Pustyn’ mit seinen prächtigen Kirchenbauten hat, allein dem zugehörigen Parkplatz nach zu urteilen, zahlreiche Besucher.Starzen, Anachoreten, Hesychasten sind dem westlichen Menschen eher fremd, wir staunen vor den Ikonostasen, dem Gold und Prunk, den vielen brennenden Wachskerzen, die das Atmen erschweren.

Etwa 3 km vom Kloster und ca. 70 km von Kaluga entfernt liegt die im Jahr 1146 gegründete Stadt Koselsk. Ein weiterer interessanter Einblick in die russische Provinz, Spuren der von Krieg und Gewalt geprägten Vergangenheit, seit der Tatarenherrschaft bis zum Sieg über Nazi-Deutschland, in Form von Denkmälern inmitten der kleinen Stadt.

In einem unscheinbaren Gebäude an der Hauptstraße ein kleiner Supermarkt, wo man sich mit den Produkten internationaler Konzerne versorgen kann. Hoffentlich werden die russischen, hausgemachten traditionellen Gerichte und Getränke der Fastfood-Konkurrenz nicht gänzlich weichen. Guter Kwass, leckere Pelmeni, selbst zubereitete Lapscha, Borschtsch ….

Gerlinde Grill

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